Die Zahl der Menschen, die von zu Hause aus arbeiten, wird immer größer. Das hat nicht nur, aber doch sehr stark mit dem Ausbrechen der Corona-Pandemie zu tun. Insofern dürften sich auch immer mehr Arbeitnehmer(innen) dafür interessieren, ob sie nicht von den steuerlichen Regelungen für das häusliche Arbeitszimmer profitieren können. Wir haben für diese Extra-Ausgabe einige Fälle gesammelt, in denen sich Gerichte mit diesem Thema befassen mussten.
Urteile im Detail
Ein Beschäftigter (hier: ein katholischer Geistlicher) hatte das Problem, dass ihm sein Arbeitgeber wegen baulicher Mängel und damit verbundener Gesundheitsgefahren das eigentlich vorgesehene Büro/Amtszimmer nicht zur Verfügung stellen konnte. Er musste die Schreibarbeiten vom Arbeitszimmer der eigenen Wohnung aus erledigen. Der Bundesfinanzhof konnte die Begründung des Betroffenen nachvollziehen und gestattete es ihm, die entsprechenden Werbungskosten geltend zu machen. (Aktenzeichen VI R 11/12)
Muss sich denn eigentlich das „häusliche Arbeitszimmer“ unbedingt innerhalb der Wohnung oder des Hauses des Steuerzahlers befinden? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg klärte das beispielhaft und bis heute gültig an einem kleinen Bungalow, der abseits des Wohnhauses lag, aber noch auf dem selbst bewohnten Grundstück des Steuerzahlers. Das könne durchaus als häusliches Arbeitszimmer gelten, hieß es im Urteil. (Aktenzeichen 14 K 6286/04)
Eine kleine Arbeitsecke innerhalb eines Wohn- oder Schlafzimmers erfüllt nicht die geforderten Voraussetzungen. Es sei zwingend nötig, dass der jeweilige Raum „ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird“, stellte der Bundesfinanzhof fest. Eine bloße Teilnutzung als Arbeitszimmer erfülle nicht die erforderlichen Tatbestandsmerkmale. (Aktenzeichen GrS 1/14)
Ein Kellerraum eines Mehrfamilienhauses kommt dagegen grundsätzlich in Frage, auch wenn er eigentlich als Hobbyraum vorgesehen war. Die „häusliche Sphäre“ kann sich nach Überzeugung der Rechtsprechung auf diesen Bereich beziehen. Hier handelte es sich um einen 37 Quadratmeter großen Raum, den der Steuerpflichtige mit Werbungskosten geltend machte und diese vom Bundesfinanzhof auch zugesprochen bekam. Das Urteil zählt zu den wegweisenden Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer. (Aktenzeichen VI R 130/01)
Macht ein Betroffener gleich mehrere Räume als Arbeitszimmer geltend, so ist das zwar prinzipiell möglich. Allerdings muss er es sich dann auch gefallen lassen, dass für jeden einzelnen dieser Räume – getrennt voneinander – eine Prüfung stattfindet, ob die Voraussetzungen vorliegen. Der Bundesfinanzhof stellte in dem Zusammenhang fest, dass ein Arbeitszimmer „typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet“ sei, „wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt“. (Aktenzeichen X R 58/09)
Ein Arbeitszimmer muss für den Betroffenen nicht immer komplett unvermeidlich sein, um anerkannt werden zu können. Der Bundesfinanzhof korrigierte in dieser Frage die Finanzverwaltung. Es komme bei der Bewertung nicht darauf an, ob der Betroffene seine Arbeiten vielleicht auch am Küchentisch oder im Esszimmer seiner Wohnung erledigen könne. Wenn allerdings ein nicht unerheblicher Teil der Nutzung des Raumes auf private Tätigkeiten entfalle, dann könne ein Abzug der Aufwendungen wegen dieser gemischten Nutzung nicht erfolgen. (Aktenzeichen VI R 46/17)
Sogar die Kosten einer Gartenerneuerung können anteilig den Kosten eines Arbeitszimmers zuzurechnen sein. Das gilt zumindest bei einer bestimmten Fallkonstellation, entschied der Bundesfinanzhof. Wenn bei einer Reparatur des Gebäudes, zum dem das Arbeitszimmer gehört, Schäden am Garten verursacht worden sind, dann sind die Ausgaben zur Wiederherstellung der Grünflächen entsprechend absetzbar. (Aktenzeichen VI R 27/01)
Ein wenig Substanz erwartet die Rechtsprechung bei den Tätigkeiten, die in einem Arbeitszimmer erledigt werden, dann doch. Ein Steuerpflichtiger hatte den Raum seinen Angaben nach nur dafür genutzt, um die Abrechnung der auf dem Dach befindlichen Fotovoltaikanlage zu erledigen. Das reiche nicht aus, befand das Finanzgericht Nürnberg. Der Zeitaufwand dafür sei einfach zu gering, um von einer ausreichenden Inanspruchnahme des Arbeitszimmers sprechen zu können. (Aktenzeichen 3 K 308/11)
Manche Arbeitszimmer sehen zwangsläufig nicht wie ein „Büro“ aus. So gestaltete eine Konzertpianistin und Klavierlehrerin einen Raum als Klavierstudio. Der Fiskus gelangte zu der Annahme, dieser Bereich sei aufgrund seines Gesamteindrucks eher der häuslichen Sphäre zuzuordnen – und verweigerte die Anerkennung. Der Bundesfinanzhof allerdings betonte, es komme im Wesentlichen darauf an, ob die Nutzung mit der anderer Berufsgruppen zu vergleichen sei. Dann dürfe die Ausstattung auch anders ausfallen. (Aktenzeichen VIII R 8/13)
Quelle: LBS Infodienst Recht und Steuern