Mit unserem Sparkassenkalender 2018 mit dem Titel „Witten. Natürlich.“ laden wir Sie – Monat für Monat – ein, die natürlichen Seiten unserer Heimatstadt zu entdecken. Und davon gibt es einige! Schauen Sie doch einfach selbst.
Juli: Ein „Paradies“ für Freizeit und Natur – der Kemnader See
Der Kemnader See ist neben dem Harkort- und Hengsteysee der jüngste der drei Stauseen im Mittleren Ruhrtal. Von 1976 bis 1980 verschwanden mit seinem Bau 125 Hektar Ruhraue, 3 Kilometer ungestaute Ruhr, wertvolle Altwässer und eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen.
Alle Ufer wurden mit massiven Steinschüttungen befestigt und als künstliche Park- und Rasenflächen gestaltet. Angesichts der großen Eingriffe in die Ruhrnatur durch den Stauseebau wurde seinerzeit von Naturschützern auf die Ausweisung von Ruhezonen und geschützten Uferbereichen für die Tierwelt des künftigen Sees gedrungen.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen war der wesentliche Grund für die überregionale Bedeutung, die der Ruhrstausee heute für die Vogelwelt besitzt.
Vor allem in den Wintermonaten wird das Gewässer von zahlreichen gefiederten Gästen aus Nord- und Osteuropa zum Überwintern aufgesucht. Der See gilt als wichtigstes Rastquartier für Schwimm- und Wasservögel im Ruhrtal und lockt so manchen interessierten Vogelkundler an. Verschiedene Gänse- und Entenarten, Blesshühner, Möwen, Kormorane, Reiher, Schwäne und viele andere Arten sind auch ganzjährig am Stausee zu beobachten.
Das Naherholungsgebiet zwischen Bochum, Witten und Hattingen zählt zu den beliebtesten Ausflugszielen der Region. Trotz Störungen, zum Beispiel durch Freizeitsportler, frei laufende Hunde oder Großveranstaltungen wie das „Zeltfestival Ruhr“ oder „Kemnade in Flammen“, leben noch viele weitere Tier- und Pflanzenarten am See. Beim Geotag der Artenvielfalt im Jahr 2014 wurden hier innerhalb von 24 Stunden 650 verschiedene Tier- und Pflanzengattungen gezählt, darunter 250 Pflanzen- und über 60 Vogelarten.
Seit dem Frühjahr 2017 besitzt das Freizeitzentrum Kemnade eine eigene kleine Schafherde, die vor allem den Riesenbärenklau an den Stauseeufern und auf den Wiesen des Naherholungsgebiets beseitigen soll. Die Rhönschafe vertilgten mit großem Genuss den weißen Doldenblütler, dessen giftiger Pflanzensaft bei menschlichem Kontakt – vor allem bei Sonnenlicht – Verbrennungen auf der Haut verursachen kann. Für die Wiederkäuer ist die Pflanze ungefährlich.
Alljährlich ist der starke Pflanzenwuchs der aus Nordamerika stammenden Wasserpest (Elodea nuttallii) im Kemnader See ein Thema. Durch die verbesserte Wasserqualität hat sich die Pflanze in den letzten Jahren am Seeboden massiv ausgebreitet. Erstmals tauchte sie im Jahr 2000 im Harkortsee auf und gelangte von dort in die anderen Stauseen. Zwar ist die Elodea bei Wasservögeln und Fischen als Nahrung und Brutstätte sehr beliebt, doch Wassersportler werden durch sie massiv beeinträchtigt. Der Besatz mit heimischen Rotfedern und der Einsatz eines Mähboots des Ruhrverbands zur Eindämmung der Wasserpest waren bisher nicht erfolgreich.
Nilgans (Alopochen aegyptiaca)
Neben der Kanadagans, die sich erfolgreich bei uns vermehrt hat, ist nun auch die Nilgans am Kemnader See und an nahezu jedem anderen größeren Gewässer anzutreffen. Wie der Begriff „Nil“ vermuten lässt, ist die Vogelart afrikanischen Ursprungs.
Als „Gefangenschaftsflüchtling“ breitete sie sich in den letzten Jahrzehnten aus den Niederlanden kommend entlang des Rheins in Mitteleuropa aus.
Häufig trifft man Nilgänse an Teichen in städtischen Parkanlagen, an Seen, Flüssen und Kanälen oder sogar an Badeseen an. Charakteristisch sind die dunklen Augenflecke und die verhältnismäßig langen, rosafarbenen Beine. Männchen und Weibchen der Nilgans haben ein ähnliches Gefieder, die Männchen sind jedoch größer und schwerer. Ihre Nahrung besteht aus Gräsern, Sämereien, Würmern, kleinen Krebstieren, Schnecken und Wasserpflanzen.
Bezüglich des Nistplatzes sind Nilgänse sehr flexibel. Sie brüten im Röhricht am Wasser, aber gelegentlich auch auf Bäumen. Dabei besetzen sie auch mal Greifvogelhorste oder Krähennester. Während der etwa 30-tägigen Brutzeit von Mai bis Juli bewacht das Männchen das Nest und greift mögliche Eindringlinge an. Die jungen Nilgänse sind Nestflüchter. Mit etwa zehn Wochen sind sie ausgewachsen und flugfähig.
Tipp:
Die Naturschutzgruppe Witten – Biologische Station (NaWit) bietet regelmäßig im Februar einen Vortrag sowie eine Exkursion zu den Wasservögeln im Ruhrtal und am Kemnader See an. (www.nawit.de)