Witten ist eine grüne Stadt, die auch mal prächtig blüht: Überall gibt es Parks, Grünanlagen, Alleen, Gärten und Plätze – mit vielen unterschiedlichen Bäumen. Die lohnt es sich näher zu betrachten.
Die Diplom-Geografin und Vorsitzende der Naturschutzgruppe Witten „NaWit“ Birgit Ehses hat unterschiedliche Bäume unserer Heimatstadt mit großer Sachkenntnis beschrieben.
Die Porträts der Bäume und der vielen kleinen Details wie Blätter und Früchte steuerte der Wittener Diplom-Fotodesigner Stefan Ziese bei – und lädt damit auch optisch zum Staunen ein. Herzlichen Dank dafür an Birgit Ehses und Stefan Ziese.
Das ist doch wohl typisch Ruhrgebiet, oder? Unsere Japanische Blütenkirsche
Schon gewusst?
Kirschbäume bilden bei einer Verletzung der Innenrinde eine zähe rötliche gummiartige Masse, das sogenannte „Kirschgummi“, als Wundverschluss. Dieses ergab nach altem Rezept in Wein aufgelöst, einen vortrefflichen Hustentrank.
Am Schluss gibt es noch das Kissen zum Baum.
In den ersten wärmeren Apriltagen beginnt die Japanische Blütenkirsche üppig zu blühen. Entlang der Heilenstraße, am Sackträgerbrunnen und im Wiesenviertel zeigt sich der Frühling in der Wittener Innenstadt von seiner schönsten Seite. Auch die Zierkirschen in der Meesmannstraße in Herbede, in der Bebelstraße in Annen oder in der Röhrchenstraße entfalten jetzt ihre Blütenpracht.
Die in Witten beliebte Baumsorte „Kanzan“ wird auch Nelkenkirsche genannt. Diesen Namen hat sie von den gefüllten, schwach duftenden rosa Blüten, die stark an Nelkenblüten erinnern. Sie ist die bei uns am weitesten verbreitete Sorte der Japanischen Blütenkirschen.
Schon seit etwa 1000 Jahren wird in Japan dem Kirschbaum zu Ehren das Kirschblütenfest gefeiert. Die Zartheit und der schlichte Duft der Blüten symbolisieren Reinheit und Einfachheit – traditionelle Werte der japanischen Kultur. Beim japanischen Brauch Hanami (wörtlich: Blütensehen) steht die Japanische Blütenkirsche einige Tage ganz im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit. Überall im Land werden ganze Betriebe anlässlich der Kirschblütenfeste geschlossen und Menschenmassen fahren mit Zügen in die bekannten Kirschblütenregionen, um die herrlichen Blüten zu bewundern, zu picknicken und zu feiern.
Schon Anfang Mai ist die Zeit der Kirschblüte wieder zu Ende und die vielen herabfallenden leicht duftenden Blüten verwandeln nun die Straßen und Wege in ein rosa Blütenmeer.
Die Kirschbäume rund um den Sackträgerbrunnen wurden Ende der 80er-Jahre im Rahmen der damaligen Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen gepflanzt und haben inzwischen ein Alter von etwa 30 bis 40 Jahren. Die Brunnenfigur erinnert an den Wittener Kornmarkt des 17. und 18. Jahrhunderts.
Ursprünglich wurde der Brunnen 1912 auf dem Kornmarkt nach dem Entwurf des Wittener Stadtbaumeisters Alois Baur und des Sigmaringener Bildhauers Franz (Xaver) Marmon errichtet. Da hier ein neuer Busbahnhof entstehen sollte, musste der Sackträgerbrunnen 1953 weichen und gelangte vorübergehend in den Lutherpark, von wo aus er 1990 in die Heilenstraße versetzt wurde.
Mit dem Stadtklima kommt die Japanische Blütenkirsche gut zurecht. Die schnell wachsende Baumart kann über 10 m hoch werden und nimmt durch ihren trichterförmigen Wuchs viel Platz in Anspruch. Ihre Blätter sind beim Austrieb kupferbraun, im Sommer tragen sie ein sattes dunkles Grün und im Herbst verfärben sie sich intensiv rot und gelb. Die Zierkirsche „Kanzan“ bildet nur selten kleine schwarze Früchte.
Die Sorte wurde über lange Zeit auf große, gefüllte und lange Blüten gezüchtet. Da die Staubgefäße zu Blütenblättern umgewandelt wurden, ist die Pflanze steril, besitzt also keinen Pollen und ist daher für Bienen und andere Insekten nicht von Interesse.
Zwar nicht so prächtig blühend, aber ökologisch wertvoller ist die heimische Vogelkirsche (Prunus avium), die wild in unseren Wäldern wächst und Insekten und Vögeln reichlich Blütenpollen und Nektar sowie Früchte als Nahrung bietet. Die Vogelkirsche ist die Grundform der Süßkirsche. Eine weitere heimische Wildkirschenart ist die Traubenkirsche mit weißen länglichen Blütenrispen.
Das Kissen zum Baum: Kirschkernkissen
In keinem Haushalt durfte in den vergangenen Jahrhunderten zur Zeit der Kirschenernte ein Spucknapf für die Kerne fehlen. Diese wurden gesammelt, ausgekocht, am Herd getrocknet und in Leinenbeuteln von der Größe eines kleinen Kissens eingenäht. Kamen die kalten Winternächte, holte man diese Kirschkernsäckchen hervor, heizte sie am Ofen
auf und legte sie als „Heizkissen“ in die frostigen Betten.
(aus: „Mythos Baum“ von Doris Laudert)