Witten, die grüne Stadt: Überall gibt es Parks, Grünanlagen, Alleen, Gärten und Plätze – mit vielen unterschiedlichen Bäumen. Die lohnt es sich näher zu betrachten.
Die Diplom-Geografin und Vorsitzende der Naturschutzgruppe Witten „NaWit“ Birgit Ehses hat unterschiedliche Bäume unserer Heimatstadt mit großer Sachkenntnis beschrieben.
Die Porträts der Bäume und der vielen kleinen Details wie Blätter und Früchte steuerte der Wittener Diplom-Fotodesigner Stefan Ziese bei – und lädt damit auch optisch zum Staunen ein. Herzlichen Dank dafür an Birgit Ehses und Stefan Ziese.
In diesem Beitrag geht es um die Silberweide.
Schon gewusst?
Die Rinde der Weide enthält das schmerzlindernde und fiebersenkende Salicin. Als es noch keine Schmerztabletten gab, tranken die Menschen bei Fieber oder Schmerzen Weidenrindentee. Schon im 12. Jahrhundert empfahl Hildegard von Bingen Tee aus der Weidenrinde gegen Fieber, Gicht und Gelenkrheumatismus. Salicin findet auch heute noch in synthetischer Form im verbreiteten Schmerzmittel Aspirin Anwendung.
Die Silberweide ist ein typischer Baum der Ruhraue. Sie verdankt ihren Namen ihren silbergrauen Zweigen und den unterseits silbrig behaarten Blättern. Zusammen mit Erle und Pappel bildet sie gemeinsam den Gehölzbestand der sogenannten Weichholzaue und wächst bevorzugt in Flussniederungen, an Bachufern und Seen.
Die Bestände der Silberweide sind auf regelmäßige Überflutungen angewiesen. Sie tragen dazu bei, Hochwasserereignisse zu mildern und mit ihrem dichten flachen Wurzelsystem die Ufer zu stabilisieren. Längere Überschwemmungsperioden machen den Bäumen nichts aus. Ihre Äste sind biegsam und stark verzweigt. Anders als bei der verwandten Trauerweide wachsen die Äste nach oben und bilden eine hoch gewölbte Krone.
In den Überschwemmungsbereichen größerer Flüsse wachsen oft mächtige Exemplare der wuchskräftigen Silberweide. Obwohl sie die am häufigsten in Europa vorkommende Weidenart ist, hat sich ihr Bestand durch den Verlust entsprechender Biotope erheblich verringert. Diese Tatsache gab Anlass, die Silberweide zum Baum des Jahres 1999 zu wählen. Auch am Wittener Ruhrufer sind die bis zu 30 Meter hohen Bäume immer seltener zu finden. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Weiden durch Maßnahmen der Verkehrssicherungspflicht und Gewässerunterhaltung in ihrem Wuchs beeinträchtigt oder entfernt.
Vom Wassergewinnungsgelände der Wasserwerke Westfalen an der Herbeder Straße reicht der Blick über die Ruhr bis zum Schornstein des LWL-Industriemuseums Zeche Nachtigall. Nach der Zechenstilllegung im Jahr 1892 war hier noch bis 1964 die Ziegelei Dünkelberg in Betrieb. Der nahe gelegene Fluss war bis zum Bau der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts ein wichtiger Transportweg für die Kohle. Heute spielt die Ruhr vor allem für die Trinkwassergewinnung eine wichtige Rolle.
Die Silberweide benötigt vollsonnige Standorte. Sie ist hitzeverträglich, frostbeständig, stadtklimaverträglich und windfest. Ihre silbrige Behaarung bietet einen hervorragenden Verdunstungs- und Strahlungsschutz, womit sich der Baum zeitweiliger Trockenheit und der extremen Einstrahlung an Gewässerrändern angepasst hat.
Das „Kernholz“ der Silberweide ist nicht durch Gerbstoffe vor Fäulnis geschützt und verwittert rasch. Daher bilden sich häufig Baumhöhlen, die von Eulen, Fledermäusen und anderen Tieren als Unterschlupf genutzt werden. Die zweihäusigen Blütenkätzchen (ein Baum trägt entweder nur männliche oder nur weibliche Blüten) stellen mit ihrem hohen Pollenangebot im Frühjahr eine der ersten Nahrungsquellen für Bienen und Schmetterlinge dar und werden daher von den Imkern als Bienenweide sehr geschätzt.
Regelmäßig geschnittene Bäume entwickeln sich zu eindrucksvollen Kopfweiden mit dicken Stämmen. Weil das Zurückschneiden im Zuge der modernen Landwirtschaft zu mühsam und unrentabel wurde, brachen viele Kopfweiden zusammen. Wegen ihrer besonderen ökologischen Bedeutung übernehmen heute vielfach engagierte Naturschützer diese Arbeit.
Die biegsamen dünnen Weidenruten wurden früher häufig zur Herstellung von Korbwaren und von Flechtarbeiten genutzt. Das Holz der Silberweide ist weich, glatt, gut spaltbar und elastisch. Es wird für die Herstellung von Booten, Holzschuhen, Prothesen, Kricketschlägern und Zellulose verwendet oder als Brennholz genutzt.
Flechtzaun
Weiden besitzen eine starke Lebenskraft. Stecken wir Weidenruten oder -äste im Frühjahr in die Erde, so wachsen diese Stecklinge zu neuen Weidensträuchern und -bäumen heran. Weidenruten bieten aber auch vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, zum Beispiel als Zaun, Weidenhütte oder Weidentunnel.
Für die Erstellung eines einfachen Flechtzauns werden im Abstand von ca. 30 cm 1,25 m lange und 4 bis 6 cm dicke Pfähle rund 30 cm tief in die Erde eingeschlagen. Mit einjährigen, etwa 2 bis 3 m langen Weidenruten lassen sich dann 2 oder 3 ca. 10 cm breite Streifen einflechten. Der Zaun kann mit einjährigen Kletterpflanzen wie zum Beispiel Kapuzinerkresse oder Wicken belebt werden.