Wittener Natur entdecken: Die Sommerlinde

Witten ist wirklich eine grüne Stadt: Überall gibt es Parks, Grünanlagen, Alleen, Gärten und Plätze – mit vielen unterschiedlichen Bäumen. Die lohnt es sich näher zu betrachten.

Die Diplom-Geografin und Vorsitzende der Naturschutzgruppe Witten „NaWit“ Birgit Ehses hat unterschiedliche Bäume unserer Heimatstadt mit großer Sachkenntnis beschrieben.

Die Porträts der Bäume und der vielen kleinen Details wie Blätter und Früchte steuerte der Wittener Diplom-Fotodesigner Stefan Ziese bei – und lädt damit auch optisch zum Staunen ein. Herzlichen Dank dafür an Birgit Ehses und Stefan Ziese.

Die Sommerlinde

Schon gewusst?

Die Bastfasern der Rinde wurden im Mittelalter als Textilfaser verwendet. Bereits in der Steinzeit klopften die Menschen Lindenfasern weich und flochten daraus ihre Kleider. Auch die Germanen sollen noch Mäntel aus Baumbast getragen haben.

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Die häufigste Straßenbaumart in Witten ist die Linde. Mehr als 2500 Exemplare säumen hier die städtischen Verkehrswege. Als Alleebaum finden wir sie beispielsweise an der Wittener Straße, Friedrich-Ebert-Straße, Ardeystraße und Westfalenstraße. Lindenbäume begegnen uns aber auch an vielen anderen Orten im Stadtgebiet: in Parkanlagen, auf Friedhöfen, an Denkmälern oder auf Kirchplätzen (zum Beispiel Platz der Gedächtniskirche, Humboldtplatz, Johanniskirche).

Schon früher bildeten Linden den Dorfmittelpunkt (Dorflinde), waren Orte für Gerichtsverhandlungen (Gerichtslinde) oder Treffpunkt dörflicher Tanzfeste (Tanzlinde). Als heilige Bäume wurden sie neben Feldkapellen und Bildstöcke gepflanzt. Vor manchen Klöstern und Kirchen findet man noch heute sogenannte Apostellinden. Dabei handelt es sich um ehemals gekappte Bäume, die man fortan so schnitt, dass sie zwölf starke Äste ausbildeten, welche nach den Aposteln benannt wurden.

Auch die zehn Sommerlinden vor den Mauern der Evangelischen Kirche in Rüdinghausen an der Wemerstraße wurden gestutzt, vermutlich jedoch nicht als Apostelbäume, sondern zur Begrenzung des Höhen- und Breitenwachstums. Linden können bis zu 40 Meter hoch werden und entwickeln eine breite dichte Krone. Außerdem können sie ein biblisches Alter von bis zu 1000 Jahren erreichen. Die zehn „Kirchlinden“ wurden allerdings erst nach Errichtung des Gotteshauses im Jahr 1864 gepflanzt und sind noch verhältnismäßig jung.

Kal2016_05_Mai_Blüte

Auf dem angrenzenden Friedhof finden wir noch mehrere größere und kräftigere Sommerlinden. Zur Blütezeit Ende Juni erfüllen sie mit ihrem intensiven Blütenduft die kirchliche Ruhestätte. Ganz ruhig bleibt es hier aber nicht, wenn unzählige Bienen und Hummeln das große Nektarangebot der Sommerlinden nutzen und ein Summen und Brummen unter den Bäumen zu hören ist.

Linden stellen die letzten großen Nektarquellen im Pflanzenjahr dar. Da das Nahrungsangebot für die Insekten schon Ende Juli ziemlich knapp wird und auch die spät blühenden Linden den Nahrungsmangel nicht ausgleichen können, sollte das rigorose Abmähen von nektarreichen Wildpflanzen auf Wiesen und in Gärten im Juli und August eingeschränkt werden.

Der gesunde Lindenblütenhonig, mit dem uns die Honigbienen belohnen, zeichnet sich durch ein leicht herbes Aroma aus. Ein Tee aus getrockneten Lindenblüten sorgt bei Grippe, Erkältung und Magenverstimmungen für „Linderung“. Er wirkt schweißtreibend und fiebersenkend und fördert Schlaf wie auch innere Ruhe.

Kal2016_05_Mai_Frucht

Aus den gelben Blütendolden der Linde entwickeln sich bis zum Herbst kleine runde Früchte. Sie besitzen ein kleines Flugblatt, mit dessen Hilfe sie vom Wind leicht verbreitet werden können.

Ihren natürlichen Standort findet die Sommerlinde in luftfeuchten Berg- und Schluchtwäldern. Sie besitzt ein weitverzweigtes Wurzelsystem mit kräftiger Pfahlwurzel und bevorzugt nährstoffreiche Böden in sonnigen, wintermilden Lagen. Neben der Sommerlinde ist bei uns in Mitteleuropa auch die Winterlinde (Tilia cordata) heimisch. Lindenholz ist leicht zu bearbeiten und daher bei Schnitzern und Drechselwerkstätten sehr begehrt. Es findet im Möbelbau und bei der Herstellung von Musikinstrumenten Verwendung.

 

Kal2016_05_Mai_Lindenblütenlimonade

Lindenblütenlimonade
(für 1,5  l Flüssigkeit)

  • 2 Handvoll frisch aufgeblühte Lindenblüten
  • 1 l Wasser
  • 2 Zitronen, Saft
  • 1 EL Rohrohrzucker
  • 0,5 l Apfelsaft

Die Lindenblüten in das Wasser geben und kurz aufkochen. Den Topf vom Herd nehmen und die Lindenblüten über Nacht zugedeckt ziehen lassen. Den Auszug am nächsten Tag durch ein feines Sieb oder ein Tuch abgießen. Mit dem Saft der Zitronen und dem Rohrohrzucker abschmecken. Im Verhältnis von 2:1 mit Apfelsaft vermischen.
(aus: „Köstliches von Waldbäumen“ von Dr. Markus Strauß)