Corona-Krise: Entwicklungen am Immobilienmarkt

Was Eigentümer, Käufer und Verkäufer jetzt wissen sollten

Axel Guthmann leitet die Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen und ist Experte für Wohnungspolitik. Im Interview erklärt er, welche Folgen die Corona-Krise für den Immobilienmarkt haben könnte.

Corona-Krise: Entwicklungen am Immobilienmarkt

Interview mit Axel Guthmann Leiter der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen

Herr Guthmann, die Corona-Krise hat den Immobilienmarkt erreicht. Was verändert sich ganz aktuell?

So wie fast das gesamte wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben stillsteht, so steht auch der Immobilienmarkt beinahe still. Die Zahl der inserierten Wohnungen und Häuser zum Kauf und zur Miete ist seit dem Beginn der Kontaktsperren Mitte März stark eingebrochen. Das ist auch logisch: Wer nicht muss, zieht jetzt nicht um. Insbesondere arbeitsbedingte Umzüge stehen aktuell kaum noch an. Zudem sind auch Besichtigungen schwieriger geworden.

Bedeutet das längerfristig, dass die Immobilienpreise fallen werden?

Wir haben alle keine Glaskugel, aber es gibt natürlich Indizien und Erwartungen. Im Großen und Ganzen steht und fällt der Wohnungsmarkt mit der Konjunktur. Zu unterscheiden ist aber zwischen mittelfristigen und langfristigen Entwicklungen. Dass Deutschland dieses Jahr in eine Rezession rutscht, ist wohl so sicher wie das Amen in der Kirche.

Die Nachfrage nach Wohneigentum dürfte wegen der großen wirtschaftlichen Unsicherheit, Angst vor Arbeitslosigkeit, aber auch der wegfallenden Zuwanderung zunächst zurückgehen. Hinzu kommen womöglich Notverkäufe vor allem von Freiberuflern und Selbstständigen, wodurch mehr Wohnungen auf den Markt kämen.

Dem gegenüber steht die Corona-bedingt stockende Bautätigkeit. Mit einer Flut neuer Wohnungen ist demnächst also auch nicht zu rechnen. In den kommenden Monaten werden die Preise für Wohnimmobilien jedenfalls nicht mehr zulegen, vielerorts wohl sogar nachgeben.

Was dann 2021 geschieht, hängt wiederum sehr davon ab, wie gut und schnell sich die hiesige Wirtschaft erholt. Zu hoffen ist ja, dass das Kurzarbeitergeld einen zu starken Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert. Wenn das klappt, wird auch die Nachfrage nach Wohneigentum wieder steigen. Nimmt dann noch die Zuwanderung aus den wirtschaftlich schwächeren europäischen Ländern wieder zu und die Kapitalanleger drängt es weiter in Betongold, dürften sich die Immobilienpreise auf längere Sicht zumindest stabilisieren.

Illustration: Ein Stadtplan

Was empfehlen Sie Eigentümern, die durch das Coronavirus mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben?

Selbstnutzende Eigentümer haben es insofern gut, als sie ihr eigenes Dach über dem Kopf haben und zumindest nicht in Mietrückstand geraten können. Allerdings müssen die meisten Selbstnutzer Kredite bedienen oder eben auch Bausparverträge besparen, wenn diese in eine Finanzierung eingebunden sind.

Für jene, denen dafür nun durch den Corona-Shutdown das nötige Einkommen fehlt, hat der Gesetzgeber eine ganze Reihe von Erleichterungen geschaffen. Dazu gehört auch die Möglichkeit der dreimonatigen Stundung von Tilgung und Zinsen. Darüber hinaus können auch individuelle Vereinbarungen getroffen werden, zum Beispiel die Aussetzung von Tilgungen über den Dreimonatszeitraum hinaus. Grundsätzlich ist immer zu bedenken: Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben.

Bevor die Kreditraten ausgesetzt werden, können verschiedene staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden. Kaum jemand weiß zum Beispiel, dass auch Selbstnutzer Wohngeld bekommen können. Es nennt sich in diesem Fall Lastenzuschuss, und seine Höhe richtet sich nach Einkommen, Zahl der Haushaltsmitglieder und Wohnkosten.

Wer infolge von Corona auf Arbeitslosengeld II angewiesen ist – zunächst werden dies vor allem Freiberufler und Selbstständige sein –, bekommt auch „Kosten der Unterkunft“ vom Jobcenter, und zwar bei Anträgen bis Ende Juni sechs Monate lang ohne Vermögensprüfung. Bei Haus- oder Wohnungseigentümern wird zwar die Tilgung nicht übernommen, aber zumindest Zinsen, Betriebskosten, Grundsteuer und Versicherungen.

Angenommen ich habe vor der Corona-Krise geplant, in nächster Zeit eine Immobilie zu kaufen. Sollte ich möglichst jetzt kaufen oder die Krise erst aussitzen und danach auf die Suche gehen? Mit welchen Schwierigkeiten muss ich rechnen, wenn ich jetzt ein Haus oder eine Wohnung kaufen möchte?

Das hängt wirklich sehr von der individuellen Situation ab. Wie sicher ist Ihr Einkommen? Genügt Ihr Eigenkapital? So um die 20 Prozent des Kaufpreises einschließlich aller Nebenkosten sollten Sie schon mitbringen. Die Banken müssen bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit gesetzliche Vorgaben erfüllen, und sie werden dabei nun nicht weniger gründlich vorgehen können als vor der Corona-Krise. Erschwernisse gibt es derzeit tatsächlich bei der Ermittlung des Beleihungswerts einer Immobilie, denn dafür ist eigentlich eine Besichtigung vorgeschrieben, die aufgrund der staatlich auferlegten Kontaktbeschränkungen aber nur eingeschränkt möglich ist.

Trotzdem: Wer seine Traumimmobilie schon gefunden hat und wer sie sich unter den eben genannten Bedingungen leisten kann, der sollte natürlich nicht zögern, Eigentümer zu werden. In diesen Tagen anzufangen zu suchen oder bauen zu wollen, wird wegen des Stillstands vielleicht nicht unmittelbar von Erfolg gekrönt sein, aber das kann sich auch schnell wieder ändern.

Vielleicht hilft es bei der Beantwortung der Frage, ob Mieten oder Kaufen jetzt das Richtige ist, sich klarzumachen, dass ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung nicht in erster Linie als Renditeobjekt betrachtet werden sollte, sondern vor allem zum Leben passen muss. Dann kann eigentlich nicht viel bei der Entscheidung schiefgehen.

Illustration: Häuser

Welche langfristigen Folgen wären nach der Krise auf dem Immobilienmarkt möglich? Von welchen Trends gehen Sie aus?

Langfristig könnten sich vor allem verschobene Präferenzen auf dem Wohnungsmarkt niederschlagen. Viele Städter merken gerade, wie verwundbar ihr Leben ist und wie schön es wäre, wenigstens einen Balkon zu haben, besser noch einen Garten.

Vielleicht machen es die Erfahrungen vieler Unternehmen mit dem Dauer-Homeoffice möglich, dass künftig wieder mehr Menschen auf dem Land oder zumindest in den Vororten der Städte wohnen können. Viele werden es auch wollen, und zwar vor allem deshalb, weil sie sich dort größere Wohnungen oder Häuser leisten können.

Welchen Wert ein zusätzliches Arbeitszimmer oder ein abgetrennter Bereich für Kinder haben kann – im Vergleich zur Stadtwohnung, in der sich alles im Wohnzimmer oder in der Wohnküche abspielt – das wird eben auch gerade sehr deutlich.

Quelle: sparkasse.de