Urteile rund um die Fliese

Wenn die Fliese zum Streitobjekt wird
Wenn die Fliese zum Streitobjekt wird

Wenn die Fliese zum Streitobjekt wird

So eine Fliese ist ja höchst vielseitig. Sie wird im Haus und im Garten als Bodenbelag verwendet, ebenso in Bädern und Küchen an der Wand. Generell gelten Fliesen im Vergleich mit Teppichen und Holzböden als eher robust. Doch auch hier kommt es immer wieder zu Schäden. Sei es, dass die Oberflächen gleich nach dem Verlegen feine Kratzspuren aufweisen. Sei es, dass ein Mieter gegen den Willen des Eigentümers diverse Fliesen angebohrt hat. Die Extra-Ausgabe des Infodienstes Recht und Steuern der LBS stellt einige Streitfälle zu diesem Thema vor.

Wieviel Dübellöcher dürfen sein – und wo?
14 Dübellöcher in einer Küche sind durchaus noch im Bereich des Üblichen – zumindest dann, wenn keine Arbeitsplatte vorhanden war und der Mieter diese selbst anbringen musste. Die Befestigung einer Arbeitsplatte gehört nach Überzeugung des Amtsgerichts Rheinbach zum gewöhnlichen Mietgebrauch. Der Eigentümer müsse sich damit abfinden, dass sich auf Grund der besonderen räumlichen Situation einige der Dübellöcher mitten in den Fliesen befinden (Aktenzeichen 3 C 199/04).

Fuge oder Fliese?
Grundsätzlich sollte sich allerdings ein Mieter schon bemühen, Bohrlöcher nur in den Fugen anzubringen. Denn dort richten sie weit geringeren Schaden an. Das Amtsgericht Berlin-Köpenick wies einen Mieter darauf hin, dass er durchaus in der Lage gewesen wäre, seine Wandspiegel und Schränke mit Hilfe von Bohrungen in den Fugen anzubringen. Nun aber waren Fliesen gerissen. Dafür musste der Verursacher der Schäden aufkommen (Aktenzeichen 4 C 64/12).

Fliesen weg – was nun?
Wenn der Vermieter die Fliesen auf dem Balkon bei einer Renovierung entfernen lässt und stattdessen den billigeren Estrich als Bodenbelag wählt, dann hat der Wohnungsmieter keinen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Das Landgericht Berlin wies darauf hin, dass der Wohnzweck durch den Austausch nicht beeinträchtigt werde. Das sei ganz anders, wenn zum Beispiel im Inneren des Objekts ein Parkettboden oder Stuckdecken verschwänden. Diese erhöhten den Wohnwert (Aktenzeichen 62 S 133/00).

Fliese ist nicht gleich Fliese!
Ein Wohnungseigentümer hatte nach einem Schadensfall grundsätzlich einen Anspruch auf Austausch einiger Badfliesen. Das Problem war allerdings, dass exakt dieselbe Fliesensorte nicht mehr aufzutreiben war und der Schadenersatzpflichtige nur ein sehr ähnliches Muster verlegen lassen konnte. Die Unterschiede in der Schattierung fielen auf. Trotzdem durfte es so bleiben, entschied das Landgericht München I, denn eine komplette Neuverfliesung des Bades hätte über 6.000 statt der hier eingesetzten 2.600 Euro gekostet. Allerdings erhielt der Betroffene 1.400 Euro Schadenersatz zugesprochen, weil es zu einer Wertminderung gekommen sei (Aktenzeichen 1 T 14345/04).

Wer steigerte den Wohnwert?
Eigentümer und Mieter hatten sich darauf geeinigt, dass der Mieter auf eigene Kosten die Badezimmerwände umlaufend fliesen lassen dürfe. So geschah es denn auch. Rund zehn Jahre später war wegen Renovierungsarbeiten eine weitere Neuverfliesung des Bades nötig. Anschließend forderte der Eigentümer wegen dieser Wohnwertsteigerung eine höhere Miete. Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg stimmte nicht zu. Die wohnwertsteigernde Maßnahme sei ursprünglich bereits durch den Mieter erfolgt, die neuen Arbeiten im Rahmen einer Strangsanierung gingen zu Lasten des Vermieters (Aktenzeichen 5 C 507/03).

Fiese Fliese?
Selbst die höchstrichterliche Rechtsprechung musste sich bereits mit dem Thema Fliesen befassen. Es ging um einen Kaufvertrag für polierte Bodenfliesen im Wert von knapp 1.400 Euro. Als die Ware zum größten Teil bereits verlegt war, stellte der Auftraggeber an der Oberfläche Schattierungen fest. Es handelte sich um Mikroschleifspuren. Er forderte eine Neuverlegung, die insgesamt 5.800 Euro gekostet hätte. Der Europäische Gerichtshof wies auf das Gebot der Verhältnismäßigkeit hin und erklärte, die Kostenerstattung könne auf den Wert des vertragsgemäß gelieferten Verbrauchsgutes beschränkt werden (Aktenzeichen C 65/09).

Gefährlicher Fliesenbruch
Tritt durch eine gebrochene Fußbodenfliese Asbest aus, dann besteht die Gefahr einer Gesundheitsschädigung. Der Gebrauchswert einer Mietwohnung wird auf diese Weise spürbar gemindert. Deswegen entschied das Landgericht Berlin auf eine zehnprozentige Mietminderung bis zur Behebung des Schadens. Das waren im konkreten Fall immerhin 77 Euro pro Monat (Aktenzeichen 65 S 419/10).

Fehlende Beratung
Wer Fliesen verkauft und den Einbau besorgt, der übernimmt nicht nur Verantwortung für die korrekte Verlegung. Er muss seinem Kunden zumindest auch elementare Informationen über Gefahren durch unsachgemäße Reinigung geben. In einem Prozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt stellte sich heraus, dass das verwendete Fugenmaterial den Einsatz säurehaltiger Pflegemittel nicht vertrug. Deswegen fielen reihenweise Fliesen zu Boden. Es wäre eine Nebenpflicht des Handwerkers gewesen, so das Gericht, auf die besondere Situation hinzuweisen (Aktenzeichen 15 U 163/12).

Angemessene Schutzfliese
Ein Fliesenspiegel in einer Küche gehört heute zu einer normalen, angemessenen Ausstattung einer Wohnung. Der Vermieter hat es als vertragsgemäß hinzunehmen, wenn sein Mieter derartige Einbauten vornimmt. Das Amtsgericht Fürstenwalde  weist darauf hin, dass solch ein Fliesenspiegel schließlich auch wichtig sei, um das schädliche Spritzwasser der Spüle von der Wandfläche abzuhalten (Aktenzeichen 15 C 248/01).

Text- und Bildquelle: LBS